Auf Konferenzen und Business-Plattformen glaubt man manchmal, dass das Fachchinesisch mancher Akademiker die Oberhand gewonnen hat. Dabei bleibt oft eines auf der Strecke: die Verständlichkeit. Wer hat nicht schon einmal vor einem unverständlichen Text kapituliert? Dabei gibt es eine Lösung, die nicht nur für Behörden und Unternehmen, sondern auch für den Alltag von großer Bedeutung ist: die Einfache Sprache. Sie folgt klaren Regeln und macht Informationen für alle zugänglicher. Deshalb schauen wir sie uns heute genauer an.
Für wen ist Einfache Sprache hilfreich?
Einfache Sprache ist für alle wichtig, die Texte verstehen möchten. Also alle, oder? Besonders Menschen mit Leseschwierigkeiten, geringen Sprachkenntnissen oder leichten kognitiven Einschränkungen profitieren aber davon. Aber auch Personen, die sich in stressigen Situationen befinden, schätzen klare und einfache Texte.
Nicht verwechseln sollte man die Einfache Sprache mit der Leichten Sprache, die noch reduzierter ist und Menschen mit deutlichen kongitiven Einschränkungen die Teilhabe ermöglichen soll. Mehr darüber erfahren Sie im Artikel über die Unterschiede zwischen Leichter und Einfacher Sprache.
Geltende Normen für Einfache Sprache
Auch wenn es paradox klingt: Die Regeln einfacher Sprache sind in nicht immer einfach zu verstehenden Normen festgelegt. Die DIN ISO 24495 und DIN 8581-1 geben klare Richtlinien vor. Sie helfen dabei, Texte so zu gestalten, dass sie allgemein verständlich sind. Diese Normen sind nicht nur für Fachleute interessant, sondern für alle, die Barrieren abbauen wollen. Sie bieten einen Leitfaden, wie man komplexe Inhalte übersichtlich und verständlich präsentiert.
Beide Normen sind bei der DIN als gemeinsame Veröffentlichung erhältlich
DIN ISO 24495
Die DIN ISO 24495-1 ist die erste internationale Norm für Einfache Sprache. Sie bietet Grundsätze und Leitlinien zur Erstellung verständlicher Texte, um die schriftliche Kommunikation für ein breites Publikum zu verbessern.
Die Norm definiert vier zentrale Grundsätze:
- Relevanz: Die Leser erhalten die benötigten Informationen.
- Auffindbarkeit: Die Leser können die benötigten Informationen leicht finden.
- Verständlichkeit: Die Leser können die gefundenen Informationen leicht verstehen.
- Anwendbarkeit: Die Leser können die Informationen einfach verwenden.
Diese Grundsätze sollen Autorinnen und Autoren dabei unterstützen, Texte so zu gestalten, dass sie für eine breite Leserschaft zugänglich und verständlich sind. Die Norm betont die Bedeutung der Zielgruppenorientierung und bietet Techniken sowie eine Checkliste für die praktische Anwendung.
Die DIN ISO 24495-1 wurde von einer internationalen Arbeitsgruppe unter Beteiligung von Expertinnen und Experten des Deutschen Instituts für Normung (DIN) erarbeitet und im März 2024 als deutsche Norm veröffentlicht.
DIN 8581-1
Die DIN 8581-1 mit dem Titel „Einfache Sprache – Anwendung für das Deutsche – Teil 1: Sprachspezifische Festlegungen“ wurde im Mai 2024 veröffentlicht. Sie konkretisiert die allgemeinen Empfehlungen der internationalen Norm DIN ISO 24495-1 für die deutsche Sprache und bietet spezifische Regeln für das Verfassen von Sachtexten in Einfacher Sprache.
Die Norm richtet sich an Autorinnen und Autoren, die verständliche deutschsprachige Texte erstellen möchten, und legt dabei besonderen Wert auf:
- Textebene: Empfehlungen zu Inhalt, Stil und Textstruktur, einschließlich direkter Ansprache und geschlechtergerechter Sprache.
- Satzebene: Vorgaben zur Satzlänge, -struktur und Verwendung von Zeitformen.
- Wortebene: Hinweise zur Wortwahl, insbesondere hinsichtlich Wortlänge und Verständlichkeit.
- Gestaltung: Empfehlungen zur typografischen Gestaltung, wie Hervorhebungen und Silbentrennung.
Die Norm wurde von einem Expertenteam des Deutschen Instituts für Normung (DIN) erarbeitet und stellt erstmals ein verbindliches Regelwerk für Einfache Sprache im Deutschen bereit.
Merkmale einfacher Sprache
Schauen wir uns nun anhand konkreter Beispiele einige Merkmale Einfacher Sprache an.
1. Textebene: Inhalte klar strukturieren
Auf der Textebene geht es darum, Inhalte so zu strukturieren, dass sie leicht zu erfassen sind. Dies umfasst eine logische Gliederung, Überschriften, und eine klare Leserführung.
Beispiel: Vermeiden Sie: „In diesem Dokument finden Sie eine Vielzahl von Informationen zu den verschiedenen Prozessen, die im Produktionsablauf relevant sein können.“
Nutzen Sie stattdessen: „Dieses Dokument erklärt die wichtigsten Produktionsprozesse in drei Schritten:
- Rohstoffbeschaffung,
- Verarbeitung,
- Verpackung.“
Die klare Gliederung hilft Leserinnen und Lesern, die Inhalte schneller zu überfliegen und die Relevanz zu erfassen. Lesen Sie im Blog auch gern mehr über die Gliederung von Texten mittels Überschriften.
2. Satzebene: Kurze und einfache Sätze
Auf der Satzebene sollten Sätze möglichst kurz und klar formuliert sein. Verschachtelte Satzstrukturen erschweren das Verständnis.
Beispiel: Vermeiden Sie: „Die neue Software, die speziell dafür entwickelt wurde, den Kundensupport effizienter zu gestalten, ermöglicht es den Mitarbeitenden, die Anfragen schneller zu bearbeiten.“
Nutzen Sie stattdessen: „Die neue Software hilft den Mitarbeitenden, Anfragen schneller zu bearbeiten. Sie wurde speziell für einen besseren Kundensupport entwickelt.“
Der Inhalt bleibt derselbe, aber die Aufteilung in zwei kurze Sätze verbessert die Lesbarkeit erheblich.
3. Wortebene: Einfache und bekannte Wörter verwenden
Schwierige oder selten gebrauchte Fachbegriffe können Leserinnen und Leser verwirren. Nutzen Sie stattdessen einfache, allgemein bekannte Wörter.
Beispiel: Vermeiden Sie: „Die Implementierung des Prozesses zur Optimierung der Effizienz erfordert eine detaillierte Analyse der Betriebsparameter.“
Nutzen Sie stattdessen: „Um die Arbeit schneller und besser zu machen, müssen Sie die Abläufe genau anschauen und anpassen.“
Die Verwendung des Wortes „implementieren“ erfordert Hintergrundwissen, während „durchführen“ allgemein verständlich ist.
4. Gestaltung: Übersichtlich und visuell unterstützend
Die visuelle Gestaltung eines Textes ist genauso wichtig wie der Inhalt. Sinnvolle Hervorhebungen und ausreichend weißer Raum tragen zur Übersichtlichkeit bei. Vor allem die Auswahl der Schriftart, -größe und Farbe spielt aber eine wichtige Rolle.
Mehr Informationen über die Lesbarkeit von Texten:
Text in einfache Sprache umwandeln
Wie wandelt man nun einen Text in einfache Sprache um? Hier ein praktischer Ansatz: Beginnen Sie damit, den Text zu lesen und überlegen Sie sich, was eigentlich die wichtigsten Aussagen sind. Schreiben Sie dann kurze, präzise Sätze und verwenden Sie einfache Wörter. Lassen Sie den Text von jemandem lesen, der nicht mit dem Thema vertraut ist, und bitten Sie um Feedback. Dieser Prozess hilft, Missverständnisse zu vermeiden und sicherzustellen, dass der Text wirklich verständlich ist.
Fazit – Einfache Sprache Regeln im Alltag umsetzen
Einfache Sprache ist mehr als nur ein Trend. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil der digitalen Barrierefreiheit und ein Schritt hin zu mehr Inklusion. Indem wir die Regeln Einfacher Sprache im Alltag umsetzen, ermöglichen wir es jedem, Texte zu verstehen und daran teilzuhaben. Und mal ehrlich, wer möchte nicht manchmal auf kompliziertes Akademikerkauderwelsch verzichten und sich stattdessen an klaren, verständlichen Texten erfreuen? Es liegt an uns, diese Veränderung zu leben und Barrieren abzubauen – stolperfrei und für alle zugänglich.