Leichte und Einfache Sprache – Was ist der Unterschied?

3.1.2024
Absurde Illustration: Schreibmaschine, aus deren eingelegter Papierrolle 2 Luftballons werden. Bedeutung: Schreiben Leichter Sprache.
Leichte Sprache und Einfache Sprache werden oft synonym verwendet. In der Barrierefreiheit gibt es aber Unterschiede zwischen Leichter und Einfacher Sprache.

Inhaltsverzeichnis

Beim Studieren des neuen Mietvertrages oder dem Ausfüllen der Steuererklärung haben wir es uns schon so oft gewünscht – könnte man das nicht einfacher schreiben? So, dass es jeder versteht? In leichter, einfacher Sprache? So wie es Ihnen vielleicht bei juristischen Texten geht, geht es ganz vielen Menschen auch bei Texten wie diesem hier. Ich gebe zu, dass ich auf stolperfrei.digital meist keine einfache Sprache verwende, mich in zu langen Sätzen verliere. Oft weiß ich selbst am Ende nicht mehr, wie ich angefangen habe. Menschen mit Lernschwierigkeiten, geistigen Behinderungen, Menschen mit Demenz oder auch Mitbürgern, die die deutsche Sprache erst lernen, fällt das Lesen solcher Texte sehr schwer. Genau dafür wurden die Leichte Sprache und die Einfache Sprache entwickelt, mit denen Texte für alle verständlich geschrieben werden können. Beide werden oft synonym verwendet, es gibt aber wichtige Unterschiede. Schauen wir uns beide einmal einzeln an.

Einfache Sprache

Einfache Sprache ist eine vereinfachte Form der deutschen Sprache, die die Verständlichkeit des Textes in den Vordergrund rückt. Sie entspricht am ehesten der Alltagssprache. Lange, verschachtelte Sätze und seltene Fremdwörter werden vermieden. Außerdem sollten im Text keine Metaphern oder Redewendung verwendet werden. Beim Lesen würde Ihnen der Unterschied vermutlich kaum auffallen. Komplizierte Sachverhalte können mit einfacher Sprache aber so erklärt werden, dass die meisten Menschen sie verstehen. Einfache Sprache hat also das Ziel, Informationen für den Großteil der Menschen zugänglich zu machen. Sie hilft besonders Menschen, die nicht gut Deutsch sprechen oder lesen können. Aber auch Menschen, die in stressigen Situationen schnell Informationen aufnehmen müssen, oder Personen mit Lese-Rechtschreib-Schwäche profitieren von einfacher Sprache.

Regeln der Einfachen Sprache

Texte in einfacher Sprache folgen bestimmten Regeln. Diese Regeln helfen, den Text klar und direkt zu gestalten. Dazu gehören:

  1. Kurze Sätze: Jeder Satz sollte nur eine Information enthalten.
  2. Bekannte Wörter: Verwenden Sie Wörter, die die meisten Menschen kennen.
  3. Klare Struktur: Der Text sollte logisch aufgebaut sein, mit Überschriften und Absätzen, die das Verständnis erleichtern.
  4. Aktive Sprache: Vermeiden Sie Passivkonstruktionen, um den Text lebendiger und direkter zu machen.

Lesen Sie mehr über die Richtlinien für Einfache Sprache und üben Sie sie anhand von praktischen Beispielen.

Einfache Sprache wird in vielen Bereichen eingesetzt, zum Beispiel in Behörden, Medien, Bildungseinrichtungen und auf Webseiten. Sie fördert die Inklusion und Teilhabe aller Menschen an der Gesellschaft. 

Leichte Sprache

„Leichte Sprache“ ist ein eigenständiger Fachbegriff aus der Welt der Barrierefreiheit und Inklusion und unterliegt ganz klaren Regeln. Sie ist gegenüber der Einfachen Sprache noch deutlicher vereinfacht wodurch leichte Texte klar als solche zu erkennen sind. Für Texte in Leichter Sprache gibt es üblicherweise eine vom restlichen Inhalt abgegrenzte Version, die beispielsweise in einer eigenen Toolbar neben weiteren Tools zur Verbesserung der Wahrnehmbarkeit steht. Mit „Leichte Sprache“ darf man diesen Menüpunkt aber auch nur beschriften, wenn es sich wirklich um eine handelt, ansonsten bezeichnet man es besser als „Einfache Sprache“.

Regeln der Leichten Sprache

Hier eine Auswahl einiger Regeln, die für die Leichte Sprache gelten:

  • Verwendung von kurzen Sätzen mit nur einer Aussage pro Satz
  • Nebensätze werden, wo möglich, vermieden.
  • Konjunktiv und Genitiv werden nicht verwendet (Statt „Die Jacke des Mannes“ lieber „Die Jacke von dem Mann)
  • Große Zahlen oder Zeiträume werden durch „viel“ oder „vor langer Zeit“ ersetzt.
  • Zusammengesetzte Wörter werden durch Bindestriche oder Halbhochpunkte getrennt (Wochen-ende oder Apfel·schorle)
  • Der Text enthält keine Fremdwörter oder erklärt diese

Man sieht, dass die angewendeten Regeln oft den Rechtschreib- oder Grammatikregeln der Standardsprache widersprechen. Deshalb sind Texte in Leichter Sprache, im Gegensatz zu denen in Einfacher Sprache, nicht geeignet, um sie als Hauptinhalt einer Website zu verwenden.

Auch in der Typografie passt man sich den Leseschwierigkeiten an und setzt beispielsweise nur einen Satz pro Zeile oder verzichtet auf kursive Schrift. Sie geht damit auch hier weiter als die einfache Sprache, die keine Vorschriften bezüglich der Formatierung macht.

Kann ich Texte selbst in Leichte Sprache übersetzen?

Mit der Umsetzung sollten unbedingt Fachleute betraut werden, sogenannte „Dolmetscher“. Sie übersetzen Texte aus der Standardsprache in Leichte Sprache. Häufig ist es jedoch mit einer reinen Übersetzung nicht getan, vielmehr gleicht die Aufgabe einer eigenen redaktionellen Aufbereitung der Inhalte und ist deshalb deutlich komplexer als eine reine Übersetzung. Die Reihenfolge von Aussagen kann dabei auch verändert werden, um die wichtigsten Aussagen zuerst zu nennen. Wichtig ist aber, dass sich die Kernaussage des Textes dadurch nicht erheblich verändert. Am Ende sollte der Text mit Menschen aus der Zielgruppe, also beispielsweise Menschen mit geistiger Behinderung, getestet werden.

Praktische Beispiele und Details zu den Regeln finden Sie im Artikel Regeln für Leichte Sprache – In Leichter Sprache.

Sind Einfache Sprache und Leichte Sprache verpflichtend?

Also, wie ist die Rechtslage bei leichter Sprache und einfacher Sprache? Das Bundesgleichstellungsgesetz (BGG) schreibt vor, dass in Deutschland Träger der öffentlichen Gewalt verpflichtet sind, barrierefreie Websites anzubieten. Das betrifft also vor allem Behörden des Bundes und öffentlich geförderte Projekte. Da die Bundesländer eigene Regelungen haben betrifft es entsprechend auch Behörden und Kommunen der einzelnen Bundesländer. Wie dies konkret umzusetzen ist, regelt die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV). Hier wird auch festgelegt, dass eine Version der Seite in Leichter Sprache verfügbar sein muss.

Im Rahmen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) wird sie als Anforderung nicht erwähnt, für Firmen bleibt die Umsetzung also auch 2025 freiwillig. Es lohnt sich aber trotzdem immer, sich über die eigene Sprache Gedanken zu machen, denn eine Sprache, die jeder versteht verkauft bessere Ihre Ideen und Produkte. 

Die wichtigsten Informationen zum BFSG finden Sie in meinem gemeinsamen Blog-Beitrag mit IT-Anwältin Sabine Brumme. 

Fazit – einfach mal leicht machen

Wenn Sie nicht unter die Bestimmungen der BITV fallen, dann entscheiden Sie selbst, ob es für Ihre Zielgruppe hilfreich sein kann, Texte auch in Einfacher oder Leichter Sprache erklärt zu bekommen. Wie ich in meinem FAQ zu meinen Leistungen erwähne, bin ich kein guter Texter und kann dabei redaktionell nicht unterstützen. Ich vermittle Sie aber gern an kompetente Partner und berate Sie bezüglich der technischen Integration einer Version in Leichter oder Einfacher Sprache. So stellen Sie sicher, dass Ihre Inhalte nicht nur korrekt übersetzt, sondern auch zielgruppengerecht und ansprechend aufbereitet werden. Letztlich trägt das nicht nur zur Inklusion bei, sondern kann auch Ihre Reichweite und das Engagement Ihrer Zielgruppe erhöhen. 

Mehr Informationen über Leichte Sprache finden Sie jederzeit beim Netzwerk Leichte Sprache.

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