Barrierefreie Schriftarten – damit Schrift nicht zum Hindernis wird

10.4.2024
Absurde Illustration: Faultier liegt auf dem Schriftzug "barrierefrei" und drückt diesen plattBedeutung: Faultheit bei der Auswahl von Schriften zerstört die Barrierefreiheit

Barrierefreie Schriftarten sind der Grundstein einer barrierefreien Gestaltung. Wieso unterscheiden wir zwischen lesbarkeit und Leserlichkeit?

Inhaltsverzeichnis

Die meisten Websites haben reichlich davon: Text. Ob kurz und prägnant oder lang und ausführlich wie in diesem Blogbeitrag. Was sie alle gemeinsam haben ist, dass sie möglichst gelesen werden sollen. Dabei kann die Auswahl der Schriftart einen entscheidenden Unterschied machen. Wollen Nutzer den Text wirklich lesen? Barrierearme oder barrierefreie Schriftarten zu kennen, die Unterschiede zu erkennen und sie klug einzusetzen ist eine wichtige Aufgabe beim Design von Websites, aber auch anderen Medien. Schauen wir uns an, welche Stolpersteine es geben kann und wie sie eine barrierefreie Schriftart von ungeeigneten Schriften unterscheiden.

Leserlichkeit ist nicht gleich Lesbarkeit

Meine Lehrer haben es mir verboten, aber jetzt tue ich es doch: ich zitiere aus Wikipedia. Einfach, weil ich es schöner nicht beschreiben kann:

Für die Lesbarkeit ist der Verfasser verantwortlich, für die Leserlichkeit der Schriftsetzer.

Wikipedia-Artikel „Lesbarkeit“

Bevor wir uns mit barrierefreien Schriftarten befassen, ist es wichtig, den Unterschied zwischen Leserlichkeit und Lesbarkeit zu verstehen. Leserlichkeit bezieht sich auf die Fähigkeit, einzelne Buchstaben oder Zeichen zu erkennen und zu unterscheiden, einschließlich Faktoren wie Farbkontrast, Zeilenabstand, Buchstabenspacing und Zeichenhöhe. Dagegen bezeiht sich Lesbarkeit darauf, wie leicht ein Text insgesamt zu lesen ist. Dazu zählen auch die Wort- und Satzlänge oder die Komplexität des Textes.

Eine barrierefreier Text muss also sowohl leserlich als auch lesbar sein. Eine barrierefreie Schriftart sollte klare Linien und Formen haben, die es dem Auge ermöglichen, Buchstaben und Wörter schnell zu erfassen, ohne sich zu sehr auf die Details konzentrieren zu müssen. Schriftarten mit zu vielen Schnörkeln oder ungewöhnlichen Formen können die Lesbarkeit beeinträchtigen und somit nicht barrierefrei sein.

Barrierefreie Schriftarten mit oder ohne Serifen?

Ein häufiges Thema bei der Diskussion über barrierefreie Schriftarten ist die Frage, ob serifenlose oder Serifenschriften bevorzugt werden sollten. Serifenschriften sind mit kleinen Linien versehen, die an den Enden von Buchstaben angebracht sind, während serifenlose Schriften diese Linien nicht haben.

Während einige Studien darauf hindeuten, dass Serifenschriften die Lesbarkeit von Texten verbessern können, insbesondere bei gedruckten Materialien, argumentieren andere, dass serifenlose Schriften besser für die Bildschirmlesefähigkeit geeignet sind. Für Leseanfänger und Menschen mit Sehbehinderungen können zu viele Serifen beim Lesen mehr stören als nutzen. Hier wird empfohlen, lieber auf eine serifenlose Schriftart zurückzugreifen.

Unterscheidbarkeit von Zahlen und Buchstaben

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Barrierefreiheit von Schriftarten ist die Unterscheidbarkeit von Buchstaben und Zahlen. Insbesondere für Menschen mit Sehbehinderungen oder Lernschwierigkeiten wie Dyslexie ist es entscheidend, dass Buchstaben und Zahlen klar voneinander zu unterscheiden sind.

Dabei gibt es ganz typische Stolpersteine, die in vielen Schriftarten auftreten

  • I (großes i), l (kleines L) und die Ziffer 1
  • a, c und o
  • 6, 9 und 8, vor allem bei sehr geschlossenen Formen
  • B und 8
  • Ziffer 0 und Buchstabe O
  • rn und m

Insbesondere dann, wenn eine Unterscheidung der Buchstaben von entscheidender Bedeutung ist (Darstellung eines Codes wie einer Flugnummer oder Kontonummer), sollte demnach auf eine klare Unterscheidbarkeit geachtet werden. Aber auch in langen Fließtexten helfen gut leserliche Buchstaben Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten beim flüssigen Lesen. Setzen Sie sich bei der Auswahl einer Schriftart also am Besten einen kleinen Probetext zusammen und schauen Sie in Wörtern wie „Illustration“, ob die Buchstaben gut voneinander unterschieden werden können.

Dyslexie, Legasthenie oder Lese-Rechtschreib-Schwäche

Dyslexie, oder auch Legasthenie oder Lese-Rechtschreib-Schwäche genannt, ist eine Lernstörung, die das Lesen erschwert, und betrifft weltweit Millionen von Menschen. Menschen mit Dyslexie können Schwierigkeiten haben, Buchstaben zu erkennen, Wörter zu entschlüsseln und flüssig zu lesen.

Eine Möglichkeit, die Leseerfahrung für Menschen mit Dyslexie zu verbessern, besteht darin, speziell entwickelte Schriftarten zu verwenden, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Diese Schriftarten verwenden gezielte Designmerkmale wie unterschiedliche Buchstabenformen und -größen, um die Lesbarkeit zu verbessern und das Lesen insgesamt weniger anstrengend zu gestalten. Insbesondere auf Seiten in Einfacher oder Leichter Sprache sollte die Schriftart besonders barrierearm gewählt werden.

Auch die auf stolperfrei.digital eingesetzte Fließtextschrift Readex, einer Variante der Lexend wurde mit den Besonderheiten von Menschen mit Leseschwierigkeiten im Kopf gestaltet.

Wussten Sie, dass eine mit Dyslexie sehr gut lesbare Schrift ausgerechnet die ComicSans ist?

Schriftgröße: und die Größe zählt eben doch

Eine gut lesbare Schrift bringt nichts, wenn Sie zu klein dargestellt wird. Bei den aktuellen Auflösungen gilt eine Schriftgröße von 16px für Fließtexte als Standard und für die meisten Schriftarten als gut lesbar. Diese Schriftgröße ist in allen gängigen Browsern auch als Standardgröße eingerichtet. Testen Sie Ihre gewählte barrierefreie Schriftart aber gern in unterschiedlichen Größen um für Abwechslung zu sorgen.

Wichtig ist dabei, dass die Schriften skalierbar bleiben, definieren Sie also alle größen in der Einheit „rem“. So kann der Nutzer die voreingestellte Schriftgröße nach seinen Wünschen anpassen und alle Texte, Abstände und Größen skalieren entsprechend mit. Das gibt ein harmonisches Layout und verhindert, dass Texte sich überlappen oder abgeschnitten werden.

Barrierefreie Schriftarten – Fazit

Barrierefreie Schriftarten zu designen ist eine Kunst für sich. Viele Designer befassen sich jedoch schon mit den besonderen Problemen, die Menschen beim Lesen haben können. Wählen Sie deshalb beim Design Ihrer neuen Website oder Ihres Printproduktes gleich eine gut lesbare Schrift und fördern Sie so die Barrierefreiheit Ihrer Medien.

Weitere Informationen zur Gestaltung barrierefreier Schriftarten auf Englisch finden Sie auf der Website des World Wide Web Consortiums (W3C)

Weitere Informationen über die Leserlichkeit von barrierefreien Schriftarten finden Sie im Styleguide der Bundesregierung.